Translate

Samstag, 18. April 2015

Von Vorurteilen, Syrien und Menschlichkeit

Ich befinde mich immer noch in Belgrad.
Da mein Hostel leider überfüllt ist (heute ist ein großer Marathon in der Stadt der anscheinend einige Touristen anlockt) musste ich mir wohl oder übel ein neues suchen.
Leider blieb meine Suche nach einem Couchsurfer ebenfalls erfolglos, schade.
Ich bin nun in einem Hostel im Bahnhofsviertel untergekommen.
Nicht gerade luxuriös aber alles was ich brauche.


Leider ist es heute sehr regnerisch und ungemütlich kalt weswegen ich lieber im Hostel bleibe.
In mein Zimmer (ein 6 Bett Zimmer) gesellen sich 5 weitere Leute.
Um es frei raus zu sagen riechen sie sehr streng.
Auch sind sie nicht wirklich kommunikativ und sagen nur kurz dass sie aus Syrien sind.
Nun kommen mir relativ schnell viele Bilder in den Kopf.
Ein weiterer Vorteil dieses Hostels ist dass hier nicht wirklich Fragen gestellt werden.
Man kommt einfach und geht wenn man gehen möchte und zahlt.
So sind auch die 5 Syrier die keine Pässe haben hier.
Ich fühle mich anfangs tatsächlich etwas gestört.
Sie reden laut, alles hört sich sehr aggressiv an und im geheimen hoffe ich dass sie möglichst nicht lange hier bleiben.
Nun beschämen mich diese Gedanken sehr!

Als ich in die Küche gehen möchte um etwa zu trinken sehe ich den ganzen Tisch voller frisch gekochtem essen.
Bevor ich mein Wasser eingeschenkt habe werde ich sofort an den Tisch geführt, mir wird Brot und Yogurt erreicht und ich werden quasi zum essen eingeladen.


Gegessen wird Brot mit verschiedenen "Dips".
Das meiste besteht aus Zwiebeln, Ei, Tomaten und Paprika.
Es schmeckt wirklich sehr sehr gut.
Nachdem jeder ein bisschen gegessen hat fangen wir an uns zu unterhalten.
Immer mehr merke ich wie groß doch meine Vorurteile gegenüber dieser Männer waren.
Doch ich esse mit 5 Menschen die Dinge erlebt haben die ich mir kaum vorstellen kann.

Ich befinde mich in Serbien weil ich reisen will, ein bisschen was von der Welt sehen will, danach aber einfach wieder nach Hause gehe.
Diese Möglichkeit haben die Männer nicht.
Sie sind Flüchtlinge!
Aus Angst vor der ISIS sind sie aus Syrien geflohen.
Zu Fuß (!) sind sie durch die Türkei gelaufen, mit einem kleinen Boot (siehe Bild) in dem 30 Flüchtlinge Platz gefunden haben sind sie nach Griechenland gefahren und von dort durch Mazedonien bis nach Serbien gelaufen.
Bereits über einen Monat sind sie unterwegs um nach Deutschland zu kommen.
Sie haben gehört dass hier Flüchtlinge aufgenommen werden und erhoffen sich hier eine friedliche Zukunft.


Ich bin wirklich baff als ich diese Geschichte höre.
Sie fragen mich ob ich Muslim bin.
Kurz bin ich mit dieser Frage ein wenig überfordert, antworte jedoch dann dass ich Christ bin.
Einer der Männer (Machmut) schaut mich an und sagt dass es doch darauf nicht ankommt.
Wir sind alle Menschen!
Und genau das spricht mir sehr aus der Seele.
5 Syrier und ein Deutscher treffen sich in Serbien und essen zusammen.
Obwohl die Männer so vom Krieg und von Verfolgung geprägt sind ist es für sie selbstverständlich mich als gast willkommen zu heißen, mit mir ihr essen und ihre Gemeinschaft zu teilen.
Das hat mich wirklich zu tiefst beeindruckt!

Ich möchte nicht irgendwie politisch werden da ich mich viel zu schlecht mit Politik auskenne.
Doch bei all dem was ich in den letzten Monaten zum Thema Flüchtlinge in Deutschland, Einwanderungsgesetze u.ä. höre sitze ich nun mit 5 Leuten am Tisch die von all dem nichts wissen.
Sie sind aus ihrem Land geflohen, aus Angst zu sterben!
In Deutschland finden sie ein Land in dem sie wieder Hoffnung bekommen.
Bei all der Politik und dem gerede vergessen wir doch hin und wieder die Menschen.
5 Menschen die Strapazen auf sich genommen haben um nach Deutschland zu kommen.
Ich als Deutscher halte es nicht nur für eine Pflicht, sondern viel mehr als ein Privileg diesen Menschen eine neue Heimat zu geben.
Denn diese Menschen suchen ein Zuhause.
Sie wollen kein Land islamisieren o.ä.
Diese Menschen haben mir gezeigt dass Menschlichkeit etwas ist das nichts mit Politik oder Religion zu tun haben sollte.
Ich bin sehr froh dass sie mir ihre Geschichte erzählt haben und nehme mir wieder vor nicht zu urteilen bevor ich Situationen verstehe!

1 Kommentar: